Mit der Oechslewaage wird die Dichte in sog. Oechslegraden gemessen. Traditionell wird die Dichte von Most (Weinansatz) als Mostgewicht bezeichnet, die Oechslewaage wird deshalb manchmal auch Mostwaage genannt.

Anleitung
Zur Bestimmung der Oechslegrade filtert man die zu messende Maische durch ein Tuch oder einen Papierfilter und füllt damit einen Messzylinder. Die Flüssigkeit muss möglichst klar sein, um Messfehler zu vermeiden. Dann lässt man die Oechslewaage langsam in die Flüssigkeit gleiten, bis sie frei schwimmt. Die Waage muss senkrecht in der Flüssigkeit stehen und darf die Wand nicht berühren. Sie muss außerdem sauber sein, und es dürfen sich keine Luftblasen an ihr befinden. Dazu muss ggf. die Kohlensäure aus der Maische durch kräftiges Schütteln entfernt werden. Abgelesen wird an der Skala in der Höhe des Flüssigkeitsspiegels. Wässrige Lösungen bilden einen so genannten "Meniskus", d.h. die Flüssigkeit zieht sich am Glas nach oben. Die Ablesung kann nun "oben" oder "unten" erfolgen. Normalerweise ist auf der Oechslewaage vermerkt, welches für Ihr Modell die richtige Ableseart ist. Findet sich kein Hinweis, so erfolgt die Ablesung immer "unten". Man erhält eine Angabe in "Oechslegraden".

Grundlagen: Der Oechslegrad gibt an, um wie viel schwerer oder leichter ein Liter der gemessenen Flüssigkeit ist als ein Liter reines Wasser.

Zwei Beispiele:
• 1 Liter einer Flüssigkeit wiegt 1050 g. Diese Flüssigkeit enthält daher 1050 - 1000 = 50 Grad Oechsle.
• 1 Liter einer anderen Flüssigkeit wiegt 975 g. Diese Flüssigkeit enthält 975 - 1000 = -25 Grad Oechsle.

Je mehr Oechslegrade, desto süßer ist die Maische / der Most. Da die Dichte einer Flüssigkeit von ihrer Temperatur abhängt und Ihre Oechslewaage auf eine Temperatur von 20°C geeicht ist, muss der Messwert korrigiert werden, wenn die Temperatur der Flüssigkeit deutlich von 20°C abweicht. Pro 1°C über 20°C werden 0,2 Grad Oechsle addiert, pro 1°C unter 20°C müssen 0,2 Grad Oechsle abgezogen werden.

Anwendungen:

1. Schätzung des Zuckergehalts vor der Gärung

Für diese Anwendung empfehlen sich Oechslewaagen mit einem breiten Messbereich von ca. 120 bis -20 Grad Oechsle.
Der Zuckergehalt der Maische interessiert insofern, als daraus der bei der Gärung gebildete mögliche Alkoholgehalt geschätzt werden kann.
Anhand der folgenden Gleichung (1)
1 Oechslegrad = 2,6 g Zucker/l
kann nun der Zuckergehalt einer Maische aus den gemessenen Oechslegraden geschätzt werden. Es bleibt allerdings bei einer Schätzung, und zwar eines geschätzten Höchst-Zuckergehalts, weil ja in einer Flüssigkeit alle löslichen Stoffe zu der Dichte bzw. Gewichtsabweichung der Maische im Vergleich zu Wasser beitragen.

Beispiel: Aus einer Maische werden 90 Grad Oechsle gemessen. Wie hoch ist der Zuckergehalt der Maische maximal? Antwort: Da (wie oben dargestellt) 1 Grad Oechsle einer Zuckermenge von 2,6 g/l entspricht, so entsprechen 90 Grad Oechsle einem Zuckergehalt von maximal 90x2,6 g = 234 g Zucker pro Liter.
(Vollständig vergoren ergäbe dieser Zuckergehalt ca. 117 g Alkohol pro Liter oder rund 14,5 %vol., d.h. grob gerechnet: Zuckergehalt in g/l geteilt durch 16). Eine vollständige Vergärung wird allerdings in der Praxis nicht erreicht. Der Wahrheit näher kommt man, wenn mit 17 anstelle von 16 geteilt wird.
Das führt zu 2 weiteren Gleichungen:
Gleichung (2): Zuckergehalt in g/l : 17 = %vol. Alkohol
und folglich
Gleichung (3): Alkoholgehalt in %vol. x 17 = Zuckergehalt in g/l.

2. Schätzung der durch Gärung erzeugten Menge Alkohol

Auch für diese Anwendung empfehlen sich Oechslewaagen mit einem breiten Messbereich von ca. 120 bis -20 Grad Oechsle.

Beispiel:
Oechslegrade gemessen bei Gärbeginn: 90
Oechslegrade gemessen bei Gärende: -10
Veränderung der Oechslegrade insgesamt:
• von 90 bis 0 = 90
• von 0 bis -10: 10
Insgesamt 100 Grad Oechsle. Das entspricht nach obiger Gleichung (1) 260 g Zucker bzw. rund 15 %vol. Alkohol (Gleichung 2).

3. Zuckerung vor der Gärung (Anreicherung, Chaptalisation)

Bei der Gärung natürlicher Maischen, d.h. Obst-, Getreide- oder Kartoffelmaischen, werden nicht selten nur mäßige Alkoholgehalte von 10%vol., manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger erhalten. Werden höhere Alkoholgehalte angestrebt, muss die Maische vor Gärbeginn gezuckert werden. Wie viel Zucker für einen gewissen Alkoholgehalt hinzugefügt werden muss, lässt sich mit Hilfe der Oechslewaage berechnen.

Beispiel:
Problem: Eine Maische hat 70 Grad Oechsle. Sie möchten die Maische auf 18%vol. Alkohol vergären.
Lösung: 70 Grad Oechsle entsprechen einem Zuckergehalt von 70x2,6 = 182 g/l. Nach obiger Gleichung (2) können damit maximal 180:17 = etwa 10%vol. Alkohol erzeugt werden. Um auf 18%vol. Alkohol zu kommen, brauchen Sie nach Gleichung (3) 18x17, also rund 306 g Zucker/l. Sie müssen also 306 - 182 = rund 125 g Zucker pro Liter Maische hinzufügen.

4. Kontrolle des Endvergärungsgrads

Für diese Anwendung empfiehlt sich eine Oechslewaage mit einem Messbereich ab ca. 50 bis -20 Grad Oechsle.
Der Gärvorgang gilt als abgeschlossen, wenn es im Gärspund nicht mehr blubbert. Das kann, muss aber kein Zeichen dafür sein, dass der Gärvorgang tatsächlich abgeschlossen, d.h. aller Zucker zu Alkohol vergoren ist. Objektiver und zuverlässiger ist die Überprüfung mit Hilfe der Oechslewaage.
Dieser Endpunkt hängt natürlich vom Zuckergehalt vor Gärbeginn und der Leistung der Hefe ab.

Beispiel 1:
- Zuckergehalt vor Gärbeginn: 300 g Zucker pro Liter. Turbohefe für 18%vol. Alkohol.
Um 18%vol. Alkohol zu erzeugen, werden nach unserer Gleichung (2) rund 305 g Zucker pro Liter benötigt.
Es kann daher angenommen werden, dass die Turbohefe den Zucker vollständig in Alkohol umwandeln wird. Mit der Oechslewaage sollte daher ein negativer Messwert gemessen werden.
Beispiel 2:
- Zuckergehalt vor Gärbeginn: 300 g Zucker pro Liter. Turbohefe für 14%vol. Alkohol.
Um 14%vol. Alkohol zu erzeugen, werden nach Gleichung (2) rund 240 g Zucker pro Liter benötigt. Es kann daher angenommen werden, dass die Turbohefe den Zucker nicht vollständig in Alkohol umwandeln wird. Ein Restzuckergehalt von 50 g ist zu erwarten. Mit der Oechslewaage sollte daher ein zwar niedriger, jedoch positiver Messwert gemessen werden.



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